Eva Yeh
Frankfurter Rundschau
Kulturspiegel Wetterau Seite V
6. Sep. 2001 Nr. 207
Teebeutel, unbenutzt
"Verwandlung": Friedberger Kunstverein zeigt Papierarbeiten der Künstlerin Eva Yeh im Wetterau-Museum
von Susann Barczikowski
FRIEDBERG. Papier ist geduldig. Papier ist Gebrauchsartikel. Papier ist Werkstoff - und künstlerische Schöpfung. Gerollt, gefaltet, geknittert, verdichtet sich Zellulose zu "Sehnsucht". Eva Yeh zeigt dies überaus anschaulich. Aus profanen Verpackungsmaterial, benutzt, aus Teebeuteln, unbenutzt, Toilettenpapierhülsen und schlichtem Packpapier schafft die gebürtige Chinesin papierene Werke, die sie "Verwandlung" nennt.
Inspiriert von der Schönheit weißen, geschöpften Japanpapieres, manchmal auch von der rauen Beschaffenheit verschieden farbiger Sandpapierecken visualisiert Eva Yeh mit einem sicheren Gespür für Farbe, Komposition und Ästhetik das Emotionale. Gemütsregungen wie Freude, Sehnsucht, Erregung bindet Eva Yeh in eine poetische künstlerishe Sprache ein. Das Material erweist sich als dankbar. Dabei ist der künstlerische Ansatz zweierlei. "Oft ist da zuerst die Idee, dann suche ich nach ihrer Umsetzung. Ein anders Mal legt die Struktur eines Papiers den Entwurf fest", sagt Yeh mit einem Verweis auf das Objekt "Erde": Die unruhige Oberfläche (aus Sandpapier) lässt unwillkürlich an aufgeworfene Schollen von frisch gepflügtem Land denken. Dennoch bilden Yehs Papierobjekte nichts ab; sie sind schöpferische Antworten auf Erscheinungen, denen die Künstlerin ihre eigene Interpretation entgegenhält. "Pain" (Schmerz) ist in Draht umbundenen Versandrollen dargestellt. "Freude" als eine Ansammlung bunter Papierstreifen aus feinem Pergamin, eingebettet in eine Schale aus geschöpftem Japanpapier.
Eva Yeh lebt und arbeitet seit Mitte der 60er Jahre in Europa. Als Stipendiatin das französischen Kultusministeriums erzielte sie mit ihren zeichenhaften Malereien Erfolge. Zu Beginn der 90er Jahre wechselte sie das Sujet. Das Experimentelle trat in den Vordergrund und die Konzentration auf Papier als Werkstoff bestimmte die Arbeiten. Es ist nur Papier, kaum beachtet und oft nur Mittel zum Zweck, dem Yeh Gefühle einhaucht. Ein Material, dessen poetische Sprache nach der Intention der Künstlerin in der Musik ihr Pendant findet: Teefilter auf Injektionsflaschen hinter Plexiglas lassen ein ruhiges Andante erklingen. In freudiger "Erregung" stimmen die umgekehrten Flaschenschützer aus Wellpappe ein Allegro an. Papier hat eben einen besonderen Eigenklang.